Senf Pauli – wie es begann
12 Jahre nach der Gründung einen Blog zu beginnen, wirft einerseits ein Licht auf meine zeitlichen Kapazitäten und social media Affinität und andererseits die Frage auf, welches der Millionen Themen das erste sein soll.
Ich fange bei Adam und Eva an und hoffe, niemanden zu langweilen.
1975 wurde ich in Oldenburg, Niedersachsen geboren, habe seitdem im In- und Ausland gelebt, wurde Soziologin (Abschlussthema Videoüberwachung im öffentlichen Raum als Instrument innerer Sicherheitspolitik), lebe seit 20 Jahren in Hamburg und bin verheiratet mit dem Pfeffrigen Peter. In meinem ersten Leben startete ich beruflich in der Weiterbildungsbranche. Nach einigen Jahren dort nahm ich eine innere Bestandsaufnahme zum Thema Zufriedenheit vor, stellte (frei nach den Bremer Stadtmusikanten) fest, etwas Besseres als den Tod finde ich überall und kündigte.
Ich gab mir ein Jahr Zeit für die berufliche Neuorientierung und wollte Erfahrungen in verschiedenen Branchen sammeln. Ich suchte etwas Sinnstiftendes, z.B. für eine NGO zu arbeiten. Die letzte Station dieses Jahres war ein Ziegenhof mit Käserei am Schaalsee. Handwerk als Beruf war für mich bis dahin undenkbar, war nicht mal auf dem Radar gewesen. Und dort fügte sich alles zusammen: ich verliebte mich heftig in das Landleben und das Feinkost-Handwerk. Arbeit mit den Händen macht mich glücklich - das ist bis heute so. Immer schon hatte ich mich mit Natur (unser Balkon voller Gemüsepflanzen) und Lebensmittelherstellung geerdet. Das Senf machen war bereits ein Hobby.
Von da an ließ ich das Leben geschehen, beendete die Kopfsteuerung, hörte auf mein Bauchgefühl. Es war ein radikaler Schritt vom fremdbestimmten Angestellten-leben mit viel Sicherheitsbedürfnis zur Selbständigkeit als autodidaktische Senfmüllerin.
Ich bin die erste Unternehmerin in unserer Familie, hatte keine Rollenvorbilder und vor allem keine Ahnung von dem, was mich in der Selbständigkeit erwartete. Meine Eltern-was-Du-hast-deinen-sicheren-Job-gekündigt waren ent-, Mann und Freunde begeistert. Eine Freundin im Besonderen. Sie war in den (ich denke heute zweifelhaften) Genuss meiner damaligen Hobby Senfexperimente gekommen und empfahl mir die in Eimsbüttel stattfindende kleine Messe besondersschön (eine eigene Erfolgsgeschichte der wunderbaren Johanna Pröbstl).
Innerhalb kürzester Zeit erfand ich Firmen- und Sortennamen, gab den Rezepturen Feinschliff, wühlte mich durch Tiefen und Schrecknisse der Lebensmittel-verordnungen, schrieb Etiketten. Der Mann baute über Nacht ein Logo.
Mit vier Sorten und insgesamt vielleicht 100 Gläsern Senf teilte ich mir den Messestand mit einer Fruchtaufstrichherstellerin. Nach einem Tag war ich ausverkauft, hatte die erste Händlerin auf St. Pauli (Tonja, auf ewig dankbar!), schwebte angefüllt mit dem positivem Feedback meiner ersten Kunden nach Hause und beschloss, mein Glück mit Senf zu versuchen. Das war im Herbst 2008. Ich weiß nicht, ob ich diesen Schritt auch so leichtherzig getan hätte, wenn ich eine Ahnung von den Herausforderungen, den Irrwegen und Sackgassen, die die Selbständigkeit und das Unternehmertum mit sich bringen würden, gehabt hätte. Ich hatte jedoch bis dahin auch keine Vorstellung von dem Glücksgefühl, wenn etwas, dass man selbst von Grund auf erschaffen hat und hinter dem man von ganzem Herzen steht, so ein positives Feedback bekommt. Darum möchte ich mit niemandem tauschen.